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Home BusinessBPO Outsourcing des Controllings Status Quo und Potentialanalyse

Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass der deutsche Mittelstand durch das globalisierte Umfeld zu immer schneller werdenden Veränderungen gezwungen wird, die Entwicklungen dabei zunehmend komplexer werden und somit die praktische Umsetzung von Controlling-Aktivitäten massiv erschwert werden. Eine attraktive Möglichkeit diesen Prozess zu erleichtern sind externe Dienstleister, die die Unternehmen bei ihren Controlling-Aktivitäten zielorientiert unterstützen. Der vorliegende Artikel setzt an diesem Punkt an und stellt die Ergebnisse einer der größten Studien der vergangenen zehn Jahre zum Thema Outsourcing des Controllings im deutschen Mittelstand vor. Die Studie gibt nicht nur tiefe Einblicke in die praktische Umsetzung von Controlling-Aktivitäten, sondern zeigt auch insbesondere den derzeitigen Stellenwert des Outsourcings. Die Studie legt ihren Fokus dabei auf fünf wesentliche Teilgebiete, die empirisch untersucht wurden: Systematischer Einsatz von Controllinginstrumenten, Überprüfung des sog. Controlling-Outsourcing-Portfolios, Analyse der aktuellen Outsourcing-Mentalität, Bedeutung des Planungshorizonts sowie bestehender Bedarf nach Unterstützung durch externe Dienstleister.

Die Untersuchung wurde im Zeitraum von Februar bis Mai 2015 durchgeführt. Dabei wurden 5.608 geschäftsführende Gesellschafter und Geschäftsführer deutscher mittelständischer Unternehmen zur Teilnahme an der Befragung eingeladen. 760 Teilnehmer haben auf die Einladung reagiert. Nach einer Bereinigung von nicht-plausiblen oder unvollständigen Datensätzen verblieben 409 vollständig ausgefüllte Fragebögen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 7,29 % und ist insbesondere unter Betrachtung des Umfangs der Studie (180 Fragen) zufriedenstellend. Die Untersuchung gibt daher einen weitreichenden Einblick in die Outsourcing-Aktivitäten des Controllings im deutschen Mittstand. Der größte Anteil der befragten Unternehmen erwirtschaftet einen Jahresumsatz zwischen 10,1 bis 50 Mio. EUR. Bei der Anzahl der Beschäftigten bilden 51 bis 200 Mitarbeiter den größten Anteil unter den Befragten. Neben den klassischen unternehmensrelevanten Kennzahlen wie Branche, Jahresumsatz und Mitarbeiterzahl führen die Autoren, zur Erhöhung der Differenzierbarkeit der Studienergebnisse, auch eine Klassifikation nach Unternehmensphase ein. Der größte Anteil liegt hierbei in der Phase des laufenden Betriebs (57 %) gefolgt von der Nachfolgeregelungsphase (14 %).

Das erste Ziel der Studie ist es den Status-Quo des Einsatzes von relevanten Controlling Instrumenten im deutschen Mittstand zu erfassen. Hierbei wird deutlich, dass neben Bilanz/GuV (98 %), Kostenrechnung (93 %) und Liquiditätsplanung (82 %) auch Deckungsbeitragsrechnung (79 %), Erfolgsplanung (76 %), Budgetierung (72 %), Investitionsrechnung (69 %), Abweichungsanalysen (68 %) sowie Plan-Bilanz/GuV (66 %) überdurchschnittlich häufig eingesetzt werden. Dabei sind eher operative als strategische Controllinginstrumente dominierend. Eine weitere interessante Erkenntnis besteht darin, dass äußerst erfolgreiche Controllinginstrumente wie die Portfolio-Planung in der unternehmerischen Praxis des deutschen Mittelstands nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Für einige Controllinginstrumente wie z.B. die Liquiditätsplanung liefert die mehrdimensionale Betrachtung nach Branche, Unternehmensphase und –größe beachtenswerte Erkenntnisse: Vor allem in der Bauwirtschaft und in der Dienstleistungsbranche agiert eine Vielzahl der Unternehmen leichtsinnig, da hier zwischen 20 % und 30 % keinerlei Liquiditätsplanung einsetzen. In der Betrachtung nach Unternehmensphasen fallen vor allem Unternehmen in der Gründungs- und Etablierungsphase negativ auf, da 40 % der Befragten keine Liquiditätsplanung einsetzen.

Für all die Instrumente, die bei den befragten Unternehmen des deutschen Mittelstands eingesetzt werden, stellt sich die Frage nach deren Outsourcing-Potential. Hier lässt sich tendenziell feststellen, dass gerade bei Controllinginstrumenten, die den externen Markt untersuchen ein hohes Interesse seitens der Unternehmen besteht, diese für ein Outsourcing vorzusehen. Besonders auffällig ist das Outsourcing-Potential der Branchenstruktur- und der Konkurrenzanalyse, wo sich über 50 % der Anwender ein Outsourcing vorstellen können.

Im zweiten Schritt wird das von Sierke (1998) konzipierte Controlling-Outsourcing-Portfolio empirisch überprüft. Sierke argumentierte in seiner Publikation, dass externe Unternehmensberater den Prozess der Identifikation von Controllinginstrumenten, die sich für das Outsourcing eignen, mit Hilfe eines zweidimensionalen Portfolios darstellen. Hierbei wird auf der Ordinate der Grad der Kontinuität abgetragen, u.a. werden Fragen beantwortet, „Wie oft muss das Controlling für die Bewältigung der spezifischen Aufgabe tätig werden?“. Auf der Abszisse wird hingegen der Grad der Spezialisierung abgetragen, hier wird eine Unterteilung in kennzahlenbildende und systemschaffende Aktivitäten unterschieden. Mit Hilfe dieser Strukturierung lassen sich so die Aufgaben des Controllings positionieren und basierend darauf konkrete Strategien ableiten. Die Empirie zeigt auf, dass vor allem Instrumente der Kategorien „Prozessorientiert / Kennzahlenbildend“ sowie „Projektorientiert / Systemschaffend“ sich ideal für ein Outsourcing eigenen. Insbesondere gilt dies für die Controllinginstrumente der Liquiditätsplanung, Kostenrechnung und Bilanz / GuV, die auch bei den befragten Unternehmen häufig zum Einsatz kommen. Bei den projektorientierten Instrumenten hingegen findet sich nur ein geringer Einsatz: Hier benötigen die Unternehmen Spezialwissen, welches (meist) extern eingekauft werden muss.

Ein weiteres signifikantes Teilergebnis bezieht sich auf die Outsourcing-Mentalität der deutschen mittelständischen Unternehmen. Es wird deutlich, dass sich rund 60% der Unternehmen noch nicht mit dem Thema Outsourcing von Controlling-Dienstleistungen beschäftigt haben. Das Thema Outsourcing ist im deutschen Mittelstand also noch nicht angekommen ist und birgt somit großes Potential. Dies ergibt auch der zweite Teilabschnitt der Studie, der externe Dienstleister zum selben Thema befragt hat. Diese geben an, dass das Outsourcingpotential von Controlling-Dienstleistungen im deutschen Mittelstand mit rund 60% als (sehr) hoch einzuschätzen ist. Man sollte allerdings zwingend zu individuellen Einzelfall-Betrachtungen raten, was bei einem Blick auf Einzelaussagen deutlich wird. So sagte einer der befragten Geschäftsführer eines Unternehmens mit 272 Mio. EUR Umsatz, dass die begrenzten Personalkapazitäten von den Standardprozessen entlastet werden müssten, sodass sich diese auf die strategisch wichtigen Controllinginstrumente fokussieren könnten. Das Outsourcing bestimmter Controlling-Aktivitäten wäre dafür sicherlich ein Weg. Ein anderer Geschäftsführer eines Unternehmens mit einem Umsatz von 22 Mio. EUR gab wiederum an, dass Outsourcing kein Thema sei, da der Überblick bei 130 Mitarbeitern noch detailliert gegeben ist und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Sachbearbeitern seit vielen Jahren gewachsen sei. Outsourcing wurde von diesem Probanden eher als Gefahr für einen Vertrauensbruch verstanden. So wird an dieser Stelle auch die Sensibilität dieses Themas deutlich.

Darüber hinaus haben sich rund 30% bereits mit dem Thema beschäftigt, schließen es aber kategorisch aus. Hier stellt sich die Frage nach den konkreten Gründen, die aus der Studie allerdings nicht deutlich werden. Man kann lediglich spekulieren, dass es womöglich an vermeintlichen Kosten-Nutzen-Aspekten liegt. Viele Unternehmen fordern Angebote an, verzichten aber im zweiten Schritt aufgrund von Kostenaspekten auf die konkrete Umsetzung. Schlechte Erfahrung oder Unzufriedenheit können als Gründe ausgeschlossen werden, da explizit nur etwa 1% der Befragten angegeben haben, dass sie negative Erfahrungen mit externen Dienstleistern gemacht haben. Man kann somit zu der Erkenntnis kommen, dass hier enorme Potentiale liegen mit denen der Mittelstand seine Unternehmen deutlich erfolgreicher führen könnte.

Das nächste wesentliche Teilergebnis der Studie bezieht sich auf die Bedeutung des Planungshorizonts. Die Planungshorizonte wurden dabei in vergangenheitsorientierte Soll/Ist-Vergleiche, die kurzfristige Planungs- und Kontrollrechnung (bis 1 Jahr), die mittelfristige Planungs- und Kontrollrechnung (1 Jahr bis 3 Jahre), die langfristige Planungs- und Kontrollrechnung (über 3 Jahre) sowie die strategische Planung gegliedert. Es wurde auch bewusst nach langfristigen als auch nach strategischen Instrumenten gefragt, da in der Literatur strategische und langfristige Instrumente häufig in einem Atemzug genannt werden. Das strategische Controlling hat in der Theorie zum Beispiel die Aufgabe durch die Interpretation der vorherrschenden Situation zu einer langfristigen Zukunftsprognose der Erfolgsfaktoren zu verhelfen.[1] Die Studie sollte evaluieren, ob es bei den beiden Dimensionen einen Unterschied in der Wahrnehmung im deutschen Mittelstand gibt. So zeigt die Gesamterhebung, dass sowohl vergangenheitsorientierte, als auch kurz- und mittelfristige sowie strategische Planungs- und Kontrollinstrumente im deutschen Mittelstand eine hohe Relevanz haben, während die langfristige Planung eine eher geringe Relevanz aufweist. Die Darstellung dieser Ergebnisse bezeichnen wir als das Dominanz-S der Planung, dessen Relevanz uns in der zweiten Befragung der externen Dienstleister bestätigt wurde.

In einer Studie der Commerzbank (2014) wird allerdings deutlich, dass die langfristige Unternehmensplanung im deutschen Mittelstand seit 2012 wieder deutlich an Stellenwert gewonnen hat.[2] Das Ergebnis der Commerzbank soll mit den Ergebnissen unserer Studie keineswegs in Frage gestellt werden, es wird allerdings deutlich, dass der Stellenwert, trotz der Zunahme, immer noch als gering eingestuft wird. Potentielle Erklärungsansätze für den geringeren Stellenwert der langfristigen Planung sind Ressourcenmangel und das volatile Marktumfeld. Insbesondere kleine mittelständische Unternehmen sind einem kontinuierlichen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, der sie zu Kostenreduzierungen zwingt. Folglich ist es häufig schwierig zusätzliches Personal für die langfristige Planung abzustellen. Darüber hinaus stellt die langfristige Planung in der heutigen Zeit eine große Herausforderung dar. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass die globalisierten Märkte teilweise hochvolatil agieren und somit Planungen massiv erschweren.

Ein weiterer auffälliger Aspekt ist die eingangs erwähnte Unterscheidung zwischen langfristiger und strategischer Planung. Während strategische Planung einen hohen Stellenwert einnimmt, wird die Relevanz der langfristigen Planung als gering eingestuft. Diese Erkenntnis wiederspricht dem Stand der vorherrschenden Controlling-Literatur, in der Langfristigkeit und Strategie häufig gleichgesetzt werden. Es wird deutlich, dass über die konkrete Definition dieser beiden Begriffe Diskussionsbedarf besteht.

Das letzte wesentliche Teilergebnis bezieht sich auf Businessprozesse, bei denen sich der deutsche Mittelstand eine Unterstützung durch externe Dienstleister vorstellen kann. Der ermittelte Unterstützungsbedarf ist überraschend hoch. Die Erhebung zeigt, dass insbesondere bei anspruchsvollen Aktivitäten, die Spezialwissen benötigen, erhöhter Bedarf besteht. So kann sich etwa jedes zweite mittelständische Unternehmen eine Begleitung durch externe Dienstleister bei der Bildung und Schaffung von Controlling-Systemen (54 %) sowie bei der Planung und Implementierung von Projekten (51 %) vorstellen. Darüber hinaus sieht etwa jedes dritte Unternehmen Unterstützungsbedarf bei der Aufbereitung von Financial Business Berichten für Externe (34 %), bei der Verfassung von Strategiekonzepten (32 %) sowie bei der Kennzahlenbildung, Analyse und Interpretation (30 %). Geringer Unterstützungsbedarf zeigt sich wiederum im operativen Bereich. So gibt der deutsche Mittelstand an, dass bei der Durchführung standardisierter Controlling-Prozesse (18 %) und bei der Vorbereitung von Bankengesprächen (17 %) eher keine Unterstützung nötig ist.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Outsourcing von Controlling-Aktivitäten im deutschen Mittelstand noch nicht angekommen ist, es aber grundsätzlich den Wunsch gibt, sich bei spezifischen Aktivitäten extern begleiten zu lassen. Vielleicht ist es schon bald an der Zeit, dass das moderne Controllingverständnis im deutschen Mittelstand eine Chance bekommt. Das Outsourcing kann dabei wichtige Meilensteine setzen.

 

[1] Buchholz, Strategisches Controlling: Grundlagen – Instrumente – Konzepte, Wiesbaden 2013, S. 42.
[2] Commerzbank „Vorsicht versus Vision: Investitionsstrategien im Mittelstand“, Frankfurt am Main 2014,  S. 6.

 

Die Autoren: 

Prof. Dr. Bernt R. A. Sierke studierte Betriebswirtschaftslehre in Göttingen mit anschließender Promotion und arbeitete unter anderem als Unternehmensberater, Vorstand und Geschäftsführer der unic consult GmbH sowie der Gesellschaft für Mikroelektronik GmbH. Darüber hinaus ist er zertifizierter Sanierungs- und Restrukturierungsexperte. Sierke ist Gründungs- und Mitgesellschafter der GFL gGmbH, Trägergesellschaft der PFH Private Hochschule Göttingen, die 1994 gegründet wurde. Seine wesentlichen Schwerpunkte in Forschung und Beratung liegen im Controlling, der Strategie sowie in der Prozessoptimierung und in der Digitalisierung insbesondere von Bildungssystemen. Nach langjähriger Tätigkeit als Lehrbeauftragter an Universitäten, Fachhochschulen und Akademien ist er 1998 zum Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Industrielles Management, Rechnungswesen und Controlling an die PFH berufen worden. Er war von 1999 bis 2014 der Präsident der Hochschule und ist bis heute einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Trägergesellschaft.

Joachim Algermissen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der PFH Private Hochschule Göttingen und ist unter anderem für die Veröffentlichung empirischer Forschungsstudien verantwortlich. Sein Bachelorstudium hat er an der PFH Göttingen im Bereich General Management abgeschlossen und ist anschließend für sein Masterstudium an die Universität Liechtenstein gewechselt, um Banking & Financial Management zu studieren. Im gleichen Zug begann er ein Zweitstudium mit dem Fokus auf Asset & Wealth Management, das er mit einem Executive MBA abschloss. Seine Forschungsinteressen liegen neben der empirischen Controlling-Forschung insbesondere im Bereich der Volkswirtschaftslehre und der Wirtschaftsgeschichte. Seine Dissertation beschäftigt sich mit einer Biographie über den Bundesbankpräsidenten a. D. Hans Tietmeyer. Dabei liegt der Forschungsschwerpunkt auf der deutsch-europäischen Wirtschafts- und Währungsgeschichte sowie der Bewertung der deutschen Geldpolitik der 1990er Jahre.

Stefan Brinkhoff ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der PFH Private Hochschule Göttingen und ist unter anderem für die Veröffentlichung empirischer Forschungsstudien verantwortlich. Sein Bachelorstudium hat er an der PFH Göttingen im Bereich General Management begonnen und mit einem Master of Science abgeschlossen. Seine Forschungsinteressen liegen neben der empirischen Controlling-Forschung insbesondere im Bereich der Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt Mobile Commerce. Seine Dissertation beschäftigt sich mit der Analyse des Konsumentenverhaltens bei der Nutzung von Informationssystemen mit Hilfe mobiler Endgeräte. Innovative Technologien wie Location-based Services und deren kommerzielles Anwendungspotential stehen hierbei im Vordergrund. Dabei wird u.a. quantitativ-empirisch untersucht, wie sich der Einsatz dieser Dienste am Point-of-Sale auf Kaufentscheidungen auswirkt.

 

 

 

This article was published in the “ITO&BPO Operations Edition” of the Outsourcing Journal (Q3/15). You can download this edition free of charge via the website of the German Outsourcing Association (free membership required): https://www.outsourcing-verband.org/outsourcing-journal-special-editions/

 

 

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